Begebenheiten zum Heimatfest
An dieser Stelle möchten wir Erzählungen und Berichte Schweinitzer Bürger veröffentlichen, in denen das Heimatfest eine zentrale Rolle einnimmt:
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- Erinnerungen (Heinz Gottwald, 1996)
- ...beim Schulfest darf man das (Günther Müller, 1997)
- Meine Kindheitserinnerungen (Ilse Liepe, 1997)
- Schulfest im Lichte deutschen Volkslebens (Richard Posselt, 1925)
- Das Schweinitzer Schulfest im Jahre 1879 (Ralf Koch, um1900)
Erinnerungen ...
Meine Generation ist im "mittleren Alter" zu Haus, aber unser Schulfest ist immer noch ein Höhepunkt für uns.
Vor vielen, vielen Jahren hatte Mutter meinen Bruder und mich sicher an der Hand um den Festplatz geführt. Sie zeigte uns die Karussells. Bei langen Gesprächen mit Bekannten mußten wir warten und warten, bis die nächste Runde über den Festplatz begann.
Dann kam die Schulzeit. Wir lernten den Reigentanz, marschierten mit dem Spielmannszug und Blasmusik durch fast alle Straßen unserer Stadt, bis hin zum Festplatz. Schnell noch mit unserem Lehrer für die Eltern "Tanzen, Sackhüpfen, Singen". Dann gabs Würstchen mit Kakao. Endlich war Freizeit, Mutter war nicht mehr dabei. Wir mußten nicht mehr um den Platz laufen, wir rannten. Keiner von uns weiß, wie oft an einem Tag. Hier die Wellenbahn, dort "Hau den Lucas", "Prinzes Wellenbahn" und die Eisbude. Zwischendurch ging´s noch in die Berge zum Süßkirschen essen, die Luft war rein, und die Alten saßen im Bierzelt. Abends mußten wir uns bei Mutter unter der großen Eiche melden. Dann ging das Donnerwetter los : "Guckt mal, wie Ihr ausseht !! Das Hemd befleckt, von den Schuhen sind die Sohlen los, schämen muß man sich mit Euch !!". Trotzdem gings anschließend zur Polonaise, zum Feuerwerk und zum Ausmarsch Richtung Denkmal.
Die Jahre vergingen, und die Lehre begann. Viele lernten auswärts, wohnten in Internaten. Man sah sich leider nicht mehr so oft. Aber zum Schulfest, 8 Tage davor und danach, wurde Urlaub gemacht. Im Bad und abends bei Konrads gabs neueste Nachrichten vom Fest. Und wieder galt es, eine neue Hürde zu nehmen, den Frühschoppen. Das erste Mal richtig dabei. Wir kannten noch nicht die Tücken des Kellers und seines Weins. Schlecht ging´s uns am nächsten Tag. Aber trotzdem : Schön war´s !
Wieder vergingen Jahre, viele von uns waren beim Fest nicht mehr dabei. "Abgehauen nach drüben", hatte man gesagt. Für uns, die hier blieben, war es trotzdem immer wieder ein Erlebnis, unser Heimatfest.
Mit der Zeit kam noch etwas Neues zum Fest hinzu, die liebe Frau. Aus war es plötzlich mit den nächtlichen Wanderungen, den nächtlichen Planschereien im Schwimmbad und dem Männergesang in den Straßen.
Etwas ist aber geblieben : Nun war ich es, der zwei kleinen Jungen mit leuchtenden Augen die Karussells auf dem Schulfestplatz zeigte.
Heinz Gottwald (1996)
" ... beim Schulfest darf man das "
Erinnerungen an das erste Schulfest eines Junglehrers
Es war das Schulfest im Jahre 1962. Mein erstes Dienstjahr - ich hatte die erste Klasse von Frau Streich übernommen - lag hinter mir. Und nun kam das Schulfest heran. Viel hatte man davon gehört, aber so richtige Vorstellungen waren noch nicht vorhanden. Doch die kamen dann ...
Fackelumzug am Freitag mit anschließendem Weinkelleraufenthalt bis in die morgendliche Frühe, Festumzug mit der Klasse und Eröffnung durch den Schulleiter lagen schon hinter mir. Nun galt es, die erhaltenen Freikarten und die Würstchenmarken über den Nachmittag verteilt gerecht an die Schüler meiner Klasse zu verteilen. Doch dazwischen wurde so manches Bier getrunken, an Anlässen mangelte es nicht ....
Und bald wußte ich nicht mehr, für wen die Marken waren, die ich noch in Besitz hatte. Da kam in Form von meiner zuverlässigen Schülerin Elfriede aus der 2. Klasse die Rettung. "Hast Du Deine Marken schon?", wollte ich wissen. Und die Antwort - sie muß mir meinen bedauernswerten Zustand wohl angesehen haben - kam prompt.
"Das wissen Sie wohl nicht mehr, sie haben wohl getrunken, ... aber zum Schulfest darf man das ..."
Wie war, wie war ...
Günther Müller (1997)
Meine Kindheitserinnerungen an das 100jährige Schul- und Heimatfest
Ich, Ilse Liepe, wurde 1919 in Schweinitz im Hause des amtierenden Bürgermeisters Otto Kühnast geboren. Mein Vater war Dachdeckermeister. 1925 kam ich in die Schule und es eilte das 100jährige Schulfest herbei. Unser Lehrer Richard Wernitz sagte zu uns Mädchen, zum Schulfest gehört ein neues Kleid und ein Paar neue Lackschuhe. Meine Eltern kauften mir die erwünschten Lackschuhe im Schuhgeschäft Otto Erpel. Mit großer Freude zogen alle Kinder mit neuen Kleidern und Lackschuhen zum Schulfestplatz, welcher sich an den Scheunen der Annaburger Straße befand.
Noch heute erfreue ich mich an den Erinnerungsstücken: eine Tasse, ein Tuch mit der Aufschrift "Erinnerung an das 100jährige Schulfest Schweinitz Elster 1825-1925" und eine Plakette mit dem Aufdruck des alten Schulhauses und des Wappens von Schweinitz.
Ilse Liepe (1997)
Das Schweinitzer Schulfest im Lichte deutschen Volkslebens
Kindheitserinnerungen an das Schweinitzer Schulfest? Bei näherer Prüfung der alljährlich wiederkehrenden Schulfestveranstaltungen ergibt sich eine Tatsache, die nach meiner Überzeugung wert ist, einer eingehenden Betrachtung unterzogen zu werden, eine Betrachtung, die das Konservative des Schweinitzer Schulfestes in das Licht deutschen Volkslebens stellt. Meine Erinnerungen an das Schweinitzer Schulfest reichen nur 33 Jahre zurück, sind also für eine Beurteilung der Entwicklung deutschen Volkslebens vielleicht nicht weitreichend genug. Stellt man aber die Tatsache des 100jährigen Jubiläums des Schweinitzer Schulfestes unter dem Gesichtspunkt der Pflege und Erhaltung alter Volksgebräuche und Volkssitten der einzelnen deutschen Stämme, so erhält man die Bestätigung, daß auch das Schweinitzer Kinderfest in das Gebiet alter deutscher Volksgebräuche einzugliedern ist.
In den letzten Jahren oder besser in den letzten Jahrzehnten hat in ganz Deutschland eine Bewegung eingesetzt, die auf die Pflege alter deutscher Volksgebräuche gerichtet ist. Diese Bewegung hat als Ausdruck deutschen Volksempfindens, deutschen Volkscharakters und deutschen Kulturlebens die unbestrittene Tatsache ergeben, daß das deutsche Volk sich mit großer Liebe wieder den Stammes- oder Landeseigenheiten bestimmter Volkskreise und Gebiete des deutschen Vaterlandes mehr und mehr zuwendet. So darf mit Genugtuung festgestellt werden, daß heute schon wieder derartige alte Volksgebräuche, Volkssitten und Volksveranstaltungen sogar das alltägliche Leben einzelner Volksteile beeinflussen.
In unmittelbarer Nähe der Schweinitzer Heimat befindet sich der Spreewald, neben dessen besonders landwirtschaftliche Eigenheiten vor allem die alten Spreewaldtrachten einen starken Anziehungsreiz auf Fremde ausüben. Gerade die Wiederbelebung der alten deutschen Trachten in den verschiedensten Gebieten des deutschen Vaterlandes haben gezeigt, daß - abgesehen vom Schwarzwald - , wo die Trachten noch niemals ausgestorben waren, auch in Oberbayern, in Hessen, im Teuteburger Walde usw. die Bevölkerung wieder ihre alten historischen Trachten pflegt. Es ist nicht der Zweck dieser Ausführungen, die deutschen Volkstrachten einer näheren Würdigung in kultureller und volkshistorischer Beziehung zu unterwerfen, es wurde auf sie nur verwiesen, um nachzuweisen, daß sich Volkssitten und Gebräuche nach den verschiedensten Richtungen hin äußern können.
Auch das Schweinitzer Schulfest ist ein in der Schweinitzer Gegend eingebürgerter alter Volksbrauch, der tatsächlich eine viel ernstere und tiefere Bedeutung in volkspsychologischer und sittlicher Beziehung hat, als man vielleicht annehmen möchte. Das Schulfest ist nicht ein Fest der Schule als solches, sondern ein Fest der Kinder. Die Kinder stehen an den Tagen des Festes im Mittelpunkt des alltäglichen Lebens, sie beeinflussen den Tagesablauf der Erwachsenen und machen aus dem Werktag einen Feiertag. Das ist ein Symbol, das stark anklingt an die Christuslehre von der bevorzugten Stellung des Kindes im Leben der Menschheit und des christlichen Gedankens. Es ist jedenfalls für Schweinitz und seine Bevölkerung der Altvorderen ein ehrendes Zeugnis, daß sie das Schulfest, das Fest der Kinder, als Ehrentag der Jugend ins Leben riefen und es ist ein Ehrenzeichen für die folgenden Generationen, daß sie dieses Fest bis auf den heutigen Tag im Sinne ihrer Gründer fortgeführt haben.
Das Schulfest spielte im Leben der Schweinitzer Kinder fast die gleiche Rolle wie das Weihnachtsfest. Wochenlang wurden die Vorbereitungen hierzu in den Schulen getroffen, Lehrerschaft und Kinder geben sich alle Mühe, durch Einübungen von Spielen, Reigen und Liedern das Schulfest so sinnig, heiter und eindrucksvoll wie möglich zu gestalten. Der Wetteifer einzelner Klassen in deklamatorischen Vorträgen, in mehrstimmigen Liedern, ist den Kindern dabei nicht einmal so zum Bewußtsein gekommen, wie den Eltern und Lehrern! Für die Jugendschaft war der Mittelpunkt des Schulfestes das Vogel- und Sternschießen mit Armbrust und Bolzen. Der Besitz einer eigenen Armbrust war nicht nur der größte Stolz des betreffenden Jungen, sondern auch des Vaters. Wochenlang vorher wurde geübt, geprüft, ob die Bügel noch die nötige Elastizität hatten oder ob der Wald einen neuen liefern mußte. Der "eichene" war der beste, aber auch ein guter Stahlbügel war beliebt - und so dürfte es heute noch sein. Den Eifer des "Einschießens" dürften noch alte Scheunentore "eindrucksvoll" nachweisen. Das alte Wort "Lieb` Aug und Hand fürs Vaterland" war den Jungens schon damals so heilig und so ernst, daß jeder Fehlschuß mit Beschämung festgestellt wurde. Und dann das Bolzengießen! War es nicht der größte Stolz der Schweinitzer Jungens, ihre Bolzen zum Schulfest selbst zu gießen? Es ist dabei nicht immer ohne Differenzen mit der Mutter abgegangen, die in diesen Tagen mehr als einmal feststellen mußte, daß ihr Vorrat an Bleilöffeln verdächtig abnahm. Die Bequemlichkeiten, daß man Blei und Löffel gebrauchsfertig kaufen konnte, kannte man zu meiner Zeit noch nicht! Und wie schmolz das Herz in der Brust des kleinen Schützen, wenn er, seine geschmückte Armbrust geschultert, in stolzer Haltung in Reih und Glied marschierte.
Die beiden Tage von dem Schulfest waren ebenfalls für die oberen Klassen besonders geschäftig heitere Tage. Für die 1. Knabenklasse war es heilige Ehrenpflicht, das beste Eichenlaub zu sammeln, um es der 1. Mädchenklasse zu bringen, die die Girlanden für den Schulfestplatz wand. An einen geordneten Unterricht war in diesen Tagen natürlich nicht mehr zu denken, mochten die Herren Lehrer auch noch so strenge Mienen aufsetzen. Das Schulfestfieber hatte alle ergriffen.
Eine bange Sorge bewegte noch die Herzen von Jung und Alt: wie wird das Wetter sein? Und brach dann der Tag in sonnigem Glanz an, dann war der Bann gebrochen und die freudige Erregung erreichte ihren Höhepunkt. Bereits am frühen Morgen sah man die kleinsten und kleinen Mädchen in wunderlichem Kopfputz, den Lockenraupen, mit fieberroten Backen und in eilfertiger Geschäftigkeit durch die Stadt eilen, um die letzten Besorgungen zu machen - es war ja an so vieles zu denken! War die Auszugsstunde auf 1 Uhr festgesetzt, so konnte jede Mutter damit rechnen, daß schon von 11 Uhr ab Mädchen wie Buben drängten, die "Schulfestsachen" anzuziehen! Denn das entsprach der Würde des Tages und war althergebrachte Tradition, daß am Schulfesttage die Mädchen in weißen Kleidern mit leuchtenden Schleifen und bunten Blumenkränzen im Haar und die Jungen im neuesten Anzug erschienen. Eine Viertelstunde vor Beginn des Auszuges setzten sich vom alten Schulhaus aus die vier Trommler der Schweinitzer Schule durch die Straßen der Stadt in Bewegung, um mit rollendem "Generalmarsch-Wirbel" zum Sammeln zu trommeln. Und wenn dann endlich alle Klassen beisammen waren, und die Rohlandsche Stadtkapelle mit Pauken und Trompeten den Festzug anführte, der durch die festlich geschmückten Straßen der Stadt sich bewegte, dann war das Sehnen der Kinderherzen erfüllt und in den Herzen der Alten stiegen alte Kindheitserinnerungen auf. So war es vor 25 und mehr Jahren, so dürfte es gewesen sein vor 100 Jahren und es wird auch heute noch so sein.
Soll ich noch schildern, welch buntbewegtes Leben sich auf dem Schulfestplatz entwickelte, soll ich von den zahlreichen Buben mit allen sagenhaften Herrlichkeiten erzählen, von den Würfel- und Schießbuden, von Karussell und Luftschaukel, von den delikaten Knackwürstchen und dem kühlenden nicht berauschenden Braunbier? Soll ich auf Reigenspiel und Topfschlagen der Mädchen, auf Vogelschießen und Sackhüpfen der Jungen näher eingehen und soll ich kritischer Beurteiler der Tanzkünste unserer Schulmädel und der Hopsversuche der Jungen sein? Ich glaube, ich würde Illusionen zerstören und in ein Märchenland unbefugt eindringen, wenn ich wiedergäbe das, wie sich mir das Leben und Treiben auf dem Schulfestplatz zu einer Lebenserinnerung köstlicher Kinderfreuden und Kinderträume gestaltete.
Ich habe Gelegenheit gehabt, mancherlei Kinderfeste zu erleben, selbst in Berlin werden solche veranstaltet, aber keines trägt den Charakter eines alten Volksgebrauches so, wie das Schweinitzer Kinderfest. In meinen alten Papieren fand ich vor kurzem die Photographie eines mir lieben Schulfreundes, der leider im großen Völkerringen sein junges Leben dem Vaterland opferte, die den Festzug des Schweinitzer Kinderfestes aus einem mir unbekannten Jahre wiedergibt. Erst aus diesem Bilde kann man so recht erkennen, worauf sich der Gedanke des Schweinitzer Kinderfestes aufbaute. Einmal sollte es, wie erwähnt, ein Fest der Kinder im eigentlichen Sinne sein, dann aber war offensichtlich damit beabsichtigt, auch schon in die Kinderherzen den Gedanken hineinzulegen, daß jeder einzelne im menschlichen Leben eine Aufgabe zu erfüllen hat, die um so leichter durchzuführen ist, wenn sich die gemeinsamen Interessen zu gemeinsamem Tun, zu gemeinsamer Arbeit und zu gemeinsamer Freude zusammenschließen. Auch der Staatsgedanke wurde den Schweinitzer Kindern bereits in sinniger Weise nahegebracht. Es war wohl der größte Schmerz eines Schweinitzer Kindes, wenn es auszog ohne Fahne. - Damals gab es noch keinen Flaggenstreit! Jedenfalls sollte die Fahne in der Hand des Kindes das erste Bekenntnis der heranwachsenden Generation zum deutschen Vaterland, zur deutschen Heimat, zum deutschen Volkstum sein.
Diese und so manche andere Gedanken lassen sich mit dem Schweinitzer Schulfeste verbinden. Alle aber laufen in der einen Richtung zusammen, daß auch mit dem Schweinitzer Schulfeste der schlichte Gedanke deutschen Volksempfindens einen sichtbaren Ausdruck gefunden hat. An uns, die wir das Schweinitzer Kinderfest selbst miterlebten, ist es, den Grundgedanken des Schweinitzer Kinderfestes weiter als Volksgebrauch und gute deutsche Sitte zu pflegen und festzuhalten.
Richard Posselt (1925)
Schweinitzer Schulfest im Jahre 1879
Unser Schulfest hat am 13. und 14. des Monats Juli in herkömmlicher Weise und bei der wohl jedem Leser bekannten Witterung, wiederum stattgefunden. Nach 2 Uhr nachmittags begann der Auszug sämtlicher festlich geschmückter Schüler und Schülerinnen vom großen Schulgebäude durch einige Straßen der Stadt , nach dem Schulplatze, wo nach dem Gesange der ersten zwei Strophen des Liedes "Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren", der Herr Schulinspektor Oberprediger Tischer in seiner herzlichst beredeten Weise die Festrede hielt, die mit einem "Hoch" begeistert von den Kindern und Anwesenden ausgebracht auf Kaiser und König endete. Zwei Strophen der Volkshymne machten den Schluß. Nun ging es an das Austeilen von Kuchen, der vorher schon bereitwilligst von einem Mitgliede geteilt und in die Körbe für jede einzelne Klasse verpackt auf den Schulplatz hinausgeschafft worden war. Jeder Schüler und auch die noch nicht schulpflichtigen Kinder erhielten ein großes Stück.
Dann begannen die Spiele: Vogelschießen, Preislaufen der Knaben, Topfschlagen, Vogeldrehen, Tanzen der Mädchen. Abends erfolgte der Einzug. Am zweiten Tag fand wieder der Umzug in der selben Weise statt, auch zur selbigen Zeit und die Kinder erhielten wieder ihr Stück Kuchen und Braunbier ( auch Pupe genannt ), wie zuvor.
Die Knaben schossen am zweiten Tag nach dem Stern, der wie der Vogel in drei Exemplaren beschafft worden war. Dabei ereignete es sich, daß der Knabe Emil Richter, Schüler der Knabenklasse, wieder König wurde, wie tags zuvor.
Besucht war das Fest von viélen Fremden, auch auswärtigen Kinder waren von den ihrigen zur Teilnahme an das Fest angemeldet.
Nach dem Einzug am zweiten Tage am Abend hatte das Fest sein Ende erreicht. Das Schlußwort sprach wegen des durch Krankheit verhinderten 1. Lehrers der Herr Lehrer Lorenz. Einem Hoch auf Kaiser und König folgte die letzte Strophe des Liedes "Nun danket alle Gott". Sodann brachte noch ein Hoch der Oberprediger Tischer auf jeden Lehrer einzeln auf, das wieder durch ein Hoch auf seine Hochwürden herzlich erwiedert wurde. Kaum war der letzte Ton verklungen, als der Regen in vollen Strömen herniederfloß und jeder heim flüchtete.
Noch sei erwähnt, daß mehrere Herren, um Freude zu bereiten, besondere Einkäufe machten und verteilt hatten. Tief zu bedauern ist es aber, daß Erwachsenen durch Haß, Neid, Zanken, Schlagen, Stechen und Betrunkenheit den Kindern ein böses Beispiel gaben.
Ralf Koch (um 1900)