Historisches zum Elsterstädtchen
Aus der Geschichte der Stadt Schweinitz - Wo sich einst die Wildschweine tummelten
Die erste bekannte Erwähnung des Ortes ,,Swinze" ist aus dem Jahre 1121. Im Laufe der Jahrhunderte veränderte sich die Ortsbezeichnung: 1182 Swinize, 1462 Sweinitz und 1508 Schweinitz. Der Ursprung des Namens Schweinitz liegt in der einst so reich an Wildschweinen gewesenen Gegend. Dies wird auch im Stadtwappen verdeutlicht: ,,In Silber auf grünem Berg ein springendes schwarzes Schwein", das nach dem Ratssiegel aus dem 14. Jahrhundert gestaltet wurde.
Schweinitz, 1350 erstmals als civitas bezeichnet, 1373 ist das Stadtrecht urkundlich bestätigt, entwickelt sich im Anschluß an eine Burg bzw. Schloß, das Anfang des 12. Jahrhunderts durch Albrecht den Bären an der Schwarzen Elster, unmittelbar an der Einmündung des Fließes, erbaut wurde. Schloß und Ort Schweinitz gehören seit 1182 zur Niederlausitz, Anfang des 13. Jahrhunderts den Magdeburger Erzbischöfen und ab 1362 zum Herzogtum Sachsen - Wittenberg.
Anfang des 15. Jahrhunderts befand sich das Schloß in einem schlechten Zustand. 1406 stürzte der Turm ein und erschlug die beiden Söhne des Kurfürsten Rudolf III.1470 ließ Kurfürst Ernst das baufällige Schloß zu einem Jagdschloß umbauen. In der Zeit der Reformation diente es vor allem als Aufenthaltsort der sächsischen Kurfürsten. Im Jahre 1517, in der Nacht vor Allerheiligen, hatte Kurfürst Friedrich der Weise im Schweinitzer Schloß den bekannten, merkwürdigen Traum vom Thesenanschlag Luthers an das Tor der Schloßkirche zu Wittenberg.
Kupferstich (1617) über den Traum Friedrich des Weisen zu Schweinitz
Im Schweinitzer Schloß verstarb am 16. August 1532 Kurfürst Johann der Beständige in den Armen von Luther. Luther predigte seit 1521 oft in der Schweinitzer Kirche, die 1385 erbaut wurde. Dabei bezog er ofmals Quartier im damaligen "Hohen Haus" (Schliebener Straße 28).
Unweit des bis 1576 zum größten Teil abgetragenen Schlosses wurde 1600 das Amtshaus errichtet. Es brannte mehrere Male ab. Der jetzige Bau stammt aus dem Jahre 1668.
Im Dreißigjährigen Krieg hatte Schweinitz schwer zu leiden. Am 16. April 1637 brannte die gesamte Stadt ab, auch das Rathaus, Turm und Nordteil der Kirche wurden Opfer der Flammen. Das Kirchenschiff ist sehr bald wieder aufgebaut worden, der Turm erst 1713/14.
Der Siebenjährige Krieg (1756 - 1763) schlug wieder tiefe Wunden, weil alles ausgeraubt und die Menschen entwürdigt wurden. Nicht anders war es bei den napoleonischen Raubzügen ab dem Jahre 1806, als die Franzosen die Stadt niederbrannten und 1813, von russischen Kosaken verfolgt, in Schweinitz wüteten. Vor der Völkerschlacht bei Leipzig zogen ständig Truppen durch die Stadt, und der preußische General York nahm in unmittelbarer Nähe sein Hauptquartier. 1816 wurde, im wesentlichen aus dem im Jahre 1339 entstandenen Amt Schweinitz und den Ämtern Seyda und Schlieben, der Kreis Schweinitz gebildet, der nun zum Regierungsbezirk Merseburg der preußischen Provinz Sachsen gehörte.
1858 hatte der Kreis Schweinitz eine Ausdehnung von 19,74 Quadratmeilen mit 39.169 Einwohnern in 6 Städten, 108 Dörfern und 12 einzelnen Besitzungen. Die wirtschaftliche Entwicklung wurde abermals durch die Kriegsereignisse des 1. und 2. Weltkrieges gestört.
Einwohnerentwicklung in den letzten 250 Jahren:
1743 - 96 Häuser, 1755 - 125 Häuser (mit Dörfchen),
1769 - 99 Häuser, davon 3 wüst, 1785-130 Häuser,
1815 - 110 Häuser 979 Einwohner (ohne Vorstadt),
1840 - 184 Häuser 1.221 Einwohner,
1861 - 1.452 Einwohner,
1900 - 1.217 Einwohner,
1910 - 1.348 Einwohner,
1939 - 1.372 Einwohner,
1964 - 1.616 Einwohner.
Nachdem Klossa schon am 1.1.1978 Ortsteil von Schweinitz geworden war, folgten am 1.1.1992 Steinsdorf und Dixförda. Seit dem 1.1.1993 gehört Schweinitz mit seinen Ortsteilen zur Stadt Jessen. Schweinitz und Klossa haben heute eine Fläche von 2.304 Hektar und grenzen westlich an die Gemarkung Jessen, nördlich an Dixförda und Lindwerder, östlich an Großkorga und in südlicher Richtung an die Gemarkungen Purzien und Löben.
Quelle: Stadtarchiv Jessen
Kurze Fakten:
- der Kreis Schweinitz existiert ab 1858, Sitz der Kreisverwaltung ist aber Herzberg
- am 09.06.1950 wurde der Kreis Schweinitz in Kreis Herzberg umbenannt, die Kreisverwaltung ist weiterhin in Herzberg
- 1952 wurde der Kreis Jessen gebildet, der bis zum 30.06.1994 Teil des Bezirkes Cottbus sein sollte
- ab dem 01.07.1994 gehört der ehemalige Kreis Jessen zum Landkreis Wittenberg und damit zum Land Sachsen-Anhalt
- Steinsdorf-Dixförda ist seit dem 01.05.1974 ein Doppelort und in dieser Form ab dem 01.01.1992 ein Ortsteil von Schweinitz
- Klossa ist seit dem 01.01.1978 ein Ortsteil von Schweinitz
Aus der Geschichte des "Schmetterlingskreises"
Da des öfteren in historischen Dokumenten die Bezeichnung ,,Kreis Schweinitz" zu finden ist, soll folgender Abschnitt Aufschluß geben, wie es dazu kam, daß der Name der Kreisstadt (Herzberg) des im Jahre 1816 aus der Taufe gehobenen Kreisgebildes nicht mit dem des Kreises (Schweinitz) übereinstimmte.
Um auf den Grund der Dinge zu stoßen, muß man in das ,,Wendejahr" 1815 blicken (Ende der Befreiungskriege - Wiener Kongreß 1814/1815 - Neuordnung Europas) und in die Zeit davor. Bis 1815 gehörte unsere engere Heimat zum Königreich Sachsen. Dessen Landesvater trat 1806 nach der Schlacht bei Jena auf die Seite Napoleons und wurde dafür mit der Königswürde belohnt, aber auch zur Heeresfolge verpflichtet. Die Folge dieses ,,Verrats" war, daß Sachsen nach der Niederlage Napoleons bestraft wurde, indem es seine nördlichen Landesteile an Preußen abtreten mußte, so auch unser Heimatgebiet zwischen Torgau und Jüterbog. Sachsen hatte sein Territorium nicht wie Preußen in Kreise, sondern in Ämter unterteilt. In unserer engeren Heimat bestanden die Ämter Schweinitz, Seyda, Schlieben, Annaburg und Pretzsch. Die ehrwürdigen Amtshäuser in Annaburg, Seyda und Schweinitz gehören zu den wenigen erhalten gebliebenen Bauwerken des frühen 17. Jahrhunderts in unserem heutigen Kreisgebiet; sie waren Sitz der Amtsverwaltungen. Die territoriale Neuordnung nach 1815 brachte auch für unser Gebiet erhebliche Veränderungen, wie wir sie auch aus den Jahren 1952 und 1990/91 kennen.
Übrigens: Das Hickhack um die Zugehörigkeit bestimmter Gebiete und auch einzelner Gemeinden und Ortsteile war damals wesentlich größer als heute. So hätte der Wittenberger Landrat am liebsten das gesamte Amt Seyda seinem Kreis einverleibt; er wollte dafür aber das Amt Pretzsch an Torgau loswerden. Dem wurde aber nicht stattgegeben. Düßnitz, Kleindröben, Gehmen und Mauken mußten sich vom Amt Pretzsch verabschieden, zu dem sie lange Zeit gehört hatten.
Der Schweinitzer Landrat liebäugelte mit dem größten Teil des Amtes Annaburg, so hätte sein Kreis eine abgerundete Gestalt bekommen. Es blieb jedoch dabei, und manch anderer Wunsch ging auch nicht in Erfüllung. Unmittelbar hinter dem Jessener Stadtwald begann der Kreis Torgau, denn Purzien und Lebien waren schon ,,torjisch", Zwiesigkow (das heutige Gerbisbach) blieb weiterhin bei Schweinitz.
Die Verhandlungen bis zur endgültigen Festsetzung aller Kreisgrenzen zogen sich bis zum Jahre 1818 hin. Da die Ämter relativ klein waren und außerdem eine unterschiedliche Größe aufwiesen - Amt Seyda zum Beispiel bestand nur aus Seyda und 14 Dörfern zwischen Gentha und Zellendorf - erforderte die preußische Kreiseinteilung das Zusammenlegen mehrerer Ämter.
Von den drei Ämtem Schweinitz, Seyda und Schlieben, die den neuen Kreis zu bilden hatten, war das Amt Schweinitz das größte. Es erstreckte sich von der Elbe bis in den Raum Herzberg - Schönewalde und nach Süden über Prettin hinaus bis nach Dautzschen. Allerdings ging keines der genannten drei Ämter vollständig in dem neuen Kreis auf. So wurde der gesamte Südteil (Prettin - Dautzschen) dem ebenfalls neu gebildeten Kreis Torgau zugeschlagen, ebenso der größte Teil des Amtes Annaburg.
Bei der Bestimmung der Kreisstadt des neuen Kreises einigte man sich relativ problemlos auf Herzberg als der größten und im schmetterlingsförmigen Gebilde (die ,,Flügeispitzen" reichten immerhin von Schützberg im Westen bis Langengrassau vor den Toren Luckaus!) seinerzeit verkehrsmäßig relativ günstig gelegenen Stadt.
Warum gab man nun aber dem neuen Kreis nicht den Namen seiner Kreisstadt? Es war doch allgemein so üblich, blickt man sich nur in unserer unmittelbaren Nachbarschaft um. Die Antwort auf diese Frage finden wir in der Kraft der geschichtlichen Überlieferung. Die Stadt Schweinitz war im 15./ 16. Jahrhundert sehr bedeutend, und das Amt Schweinitz brachte die größte Fläche und den höchsten Bevölkerungsanteil in das neue Kreisgebiet ein - es mußten also nicht so viele Menschen ,,umlernen"! So kam es zu der merkwürdigen Tatsache, daß die Namen von Kreis und Kreisstadt nicht übereinstimmten. Erst im Juli 1950, zwei Jahre vor dem Aus für den ,,Schmetterlingskreis", erfolgte die Umbenennung in ,,Kreis Herzberg".
Durch Beschluß der DDR-Volkskammer vom 23.7.1952 wurden die bis dahin bestehenden Länder beseitigt und durch Bezirke ersetzt. Der Kreis Schweinitz/Herzberg wurde fast in der Mitte geteilt. So entstand - unter Zugewinnen von den Kreisen Wittenberg (um Elster) und Torgau (Raum Annaburg - Prettin) der Kreis Jessen, der dann in den Kreis Wittenberg übergehen sollte.
Quelle: Paul Träger
Wie ist unser Kreis entstanden und wie ist er zu seinem Namen gekommen?
Am 21. Mai 1815 wurde der Wiener Friede abgeschlossen, durch dessen Bestimmungen ein großer Teil des Landes, welches bis dahin zum Königreiche Sachsen gehört hatte, von ihm abgetrennt und zu Preußen gewiesen wurde, darunter auch unsere Gegend. Freilich ein Kreis Schweinitz ist damals nicht von Sachsen zu Preußen gekommen. Denn die Einteilung des Landes in Kreise als unterste Verwaltungsbehörden ist eine preußische Einrichtung. Die sächsischen Lande waren vielmehr in Ämter oder, wie man jetzt sagt, Amtshauptmannschaften eingeteilt. Und so hat die preußische Verwaltung, als sie unsere Gegend übernahm, hier auch Ämter vorgefunden, und zwar waren auf dem jetzigen Kreisgebiete drei solcher Ämter: das Amt Schlieben, das Amt Schweinitz und das Amt Seyda. Ja noch von ein paar andern Ämtern sind einige Ortschaften zu unserem Kreise hinzugekommen. Das waren besonders die Ämter Annaburg und Pretzsch. Das Wort Kreis wurde von der alten sächsischen Regierung in ganz anderem Sinne verwandt als in Preußen, etwa wie bei uns das Wort Regierungsbezirk. Will man sich die Grenzen und den ursprünglichen Umfang der Ämter, die jetzt unseren Kreis bilden klar machen, so tut man gut daran, sich an die Flüsse zu halten, die für unsre Gegend von Bedeutung sind. Wir können diese das Gebiet der unteren Elster bis zu ihrer Einmündung in die Elbe nennen. So sind es drei Flüsse, die für unsre Gegend bestimmen sind, die Elbe, Elster und noch ein jetzt freilich recht unbedeutendes Gewässer, früher aber wegen seiner sumpfigen Niederung als Grenzscheide zwischen Ländern in Betracht kommend, das Schönewalder Fließ, das bei Schweinitz in die Elster mündet. Das Gebiet zwischen Elbe und der unteren Elster, das Land Mezumroka, "das ,,Land zwischen den Flüssen``, wie es die Wenden einst vor der deutscher Eroberung nannten, ist das Amt Schweinitz gewesen, nur daß man aus ihm die Umgebung von Lochau (später Annaburg genannt) herausgenommen und unter einen besonderen Amtmann gestellt hatte. Das Amt Schweinitz griff infolgedessen um das Amt Lochau (Annaburg) herum. Döbrichau, Zwethau und Arzberg gehörten als seine südlichst gelegenen Ortschaften zu ihm. Das Amt Schweinitz, wie wir es aus den alten Amtsbüchern kennen, war nicht auf das Land zwischen Elbe und Elster beschränkt. Es griff auch über die Elster nach Osten hinaus und zog sich längs des Schönewalder Fließes auf dessen linkem Ufer über Brandis, Schönewalde, Freywalde bis Knippelsdorf hin. Das, was rechts vom Fließe zum Amte Schweinitz noch gehörte, Ahlsdorf, Schmielsdorf und Hohenkuhnsdorf, sind erst spätere Erwerbungen, die ursprünglich zum Lande Jüterbog gehört hatten. Aber auch das, was zum Amte Schweinitz auf dem rechten Elsterufer gehört hatte, ist wohl erst später zu dem Lande zwischen Elbe und Elster behufs einheitlicher Verwaltung unter einem Amtmanne hinzugelegt. Es scheint, als ob ursprünglich das Land zwischen den Flüssen in Prettin oder Jessen seinen Vorort gehabt hat und daß man dann später , vielleicht weil diese Orte als Städte zu einiger eigenen Bedeutung und Selbständigkeit gelangt waren, den Sitz des Amtmannes nach der alten Burg zu Schweinitz verlegt hat, die selbst schon ostwärts der Elster lag. Wir kennen - freilich erst aus dem 14.Jahrhundert - die Aufteilung des Bistums Meißen in seine Archidiakonatsbezirke, Probsteien und Erzpriestersitze. Und ersehen wir, daß ursprünglich das gesamte Land östlich der Elster und südlich des Schönewalder Fließes und mit ihm auch das Städtchen und die Burg Schweinitz kirchlich zur Probstei Schlieben gehört hat. Die ältesten kirchlichen Einteilungen aber pflegen den politischen zu entsprechen. So läßt sich annehmen, daß das alte Amt Schlieben ursprünglich das ganze Land öslich der Elster von dem Schönewalder Fließe bis zu der Landwehr bei Wiederau, ja über sie hinaus bis Langennaundorf, umfaßt hat und das Schweinitz mit dem Gebiete am Schönewalder Fließe entlang erst später von ihm abgetrennt ist. Doch das sind alte Geschichten, die gar nicht mehr in Betracht kamen, als unsre Gegend unter preußische Verwaltung kam und es sich nun darum handelte, aus den kleineren Ämtern eine größere Einheit, eben unseren Kreis, zu bilden. Wenn wir hier bisher von den drei Ämten Schweinitz, Schlieben und Seyda als den alten sächsischen Verwaltungseinheiten gesprochen haben, die nun zusammen unseren jetzigen Kreis Schweinitz bilden, so muß gleich dazu bemerkt werden, daß, abgesehen vom Amte Seyda, das nur Labetz an den Wittenberger Kreis abgetrat, keines der Ämter restlos in unseren Kreis aufgegangen ist, und daß andererseits unser Kreis wiederum auch von anderen Ämtern Ortschaften überwiesen bekommen hat. Zahlreich sind aber auch die vom Amte Schweinitz abgetrennten Ortschaften, die meist an den Torgauer, einige auch an den Wittenberger Kreis gewiesen worden sind. Es sind im ganzen 24 Orte : Arzberg, Axien, Bethau, Bleddin, Dautschen, Eulenau, Görnewitz, Großtreben, Hintersee, Hohndorf, Kähnitzsch, Kreischau, Labrun, Lebien, Letza, Lichtenburg, Mockritz, Naundorf, Nichtewitz, Plossig, die Stadt Prettin, Reding, Rehfeld, Triestewitz, Werdau, Zwethau. Sieht man auf der Karte nach, so bemerkt man, daß alle des Amtes Schweinitz, welche südlich und westlich vom Bezirke des Amtes Annaburg lagen und durch dieses schon früher von der unmittelbaren Berührung mit der Gegend an der Elster abgeschnitten waren, jetzt nach Torgau gewiesen sind. Das war die Natürliche Folge davon, daß man sich entschloß, das Amt Annaburg in der Hauptsache zu Torgau zu legen, um den an sich schon sehr großen Schweinitzer Kreis nicht durch die Zuweisung der großen Annaburger Heide noch umfangreicher zu machen. Vom Amte Annaburg sind nur die nach Herzberg hin gelegenen Ortschaften zu unserem Kreise gekommen : Arnsnesta, Buckau, Fermerswalde, Frauenhorst, Madel und Rahnisdorf. Auch im Süden hat der Kreis einen Zuwachs erhalten, und zwar vom Amte Liebenwerda. Von diesem sind ihm Bahnsdorf, Friedrichsluga, Gräfendorf und Neudeck zugelegt. Im Nordwesten erhielt er die Zugehörungen des alten Amtes Pretzsch auf dem rechten Elbufer : Düßnitz, Gehmen, Kleindröben und Mauken. Dazu ist ihm vom Amte Wittenberg noch Zellendorf zugelegt. Es ist offenbar, daß man, als man 1816 diese Bestimmungen über die Zusammenlegung der Ämter zu Kreisen und den Austausch gewisser Ortschaften unter ihnen traf, man sich lediglich von praktischen Gesichtspunkten leiten ließ. Man wollte jedem Kreise möglichst eine in sich geschlossene Gestalt geben. Sehr erschwert wurde die Bildung eines einheitlichen Kreises in unserer Gegend durch die große Ausdehnung, welche der Forst bei uns hat. Man mußte die Kochauer, Seydaer, Lindaer und zum Teil die Annaburger Heide in ihn hineinnehmen, dazu die großen Privat- und gemeindeforsten. In der Gewerbetabelle von 1858 wird berechnet, daß die Gesamtfläche des Kreises 361821 Morgen enthalte und daß davon 116333 Morgen, also ziemlich genau ein Drittel, Wald sei. Die so dem Kreise gegebene Gestalt sollte nur eine vorläufige sein. Die endliche Einteilung der Ortschaften der neuerworbenen Landesteile auf die Kreise hatte die Regierung sich vorbehalten erst dann zu treffen, wenn die Grenzregulierung gegen Sachsen vollendet sein würde. Die Verhandlungen über diese Regulierung zogen sich aber bis 1818 hin. Inzwischen (13.Juni 1817) forderte nu die Regierung die Landräte auf, sich darüber zu äußern, ob ihnen die Zuweisung einzelner Ortschaften zu anderen Kreisen notwendig oder nützlich erscheine, sei es der Entfernung zur Kreisstadt wegen oder weil die zu einem Patrimonialgericht gehörigen Orte am besten zusammen einem Kreise verblieben oder aus anderen Gründen. Die Landräte benachbarter Kreise sollten sich über diese Fragen miteinander in Verbindung setzen. Wie wir aus der tatsächlichen Gestaltung des Kreises sehen, ist die Entscheidung der Regierung in Merseburg gegen die Änderungsanregungen der Landräte ausgefallen, und es ist für alle Folgezeit in der Hauptsache bei den ersten Anordnungen vom Jahre 1816 verblieben. Nachdem wir so den äußeren Bestand unseres Kreises in seiner geschichtlichen Entstehung uns verständlich gemacht haben, erscheint es noch nötig, uns verständlich zu machen, wie nun der Kreis zu seinem Namen und zu seiner Kreisstadt gekommen ist. Denn es ist ein verhältnismäßig sehr seltener Fall, daß sich, wie bei uns, der Name des Kreises und seiner Kreisstadt nicht deckt. Warum hat man den Kreis, wenn man schon den Sitz des Landrates nach Herzberg legen wollte, nicht Kreis Herzberg genannt, oder, wenn man ihn doch Schweinitzer Kreis nennen wollte , nicht das Landratsamt nach Schweinitz verlegt. Die Antwort auf diese Frage wird nur gefunden werden können, wenn man sich zweierlei klar vor Augen hält : einmal die relativ große Bedeutung, welche die Stadt Herzberg vor allen anderen Städten des Kreisgebietes hatte und die ihr auch ohne weiteres in den Augen der Beamten,welche die neue Behörde bilden sollten, den Vorzug besonders auch vor Schweinitz geben mußte und dazu die zentrale Lage, die Herzberg bei der eigentümlichen Gestaltung des Kreises, der weniger einem Kreis als den zwei Flügeln eines Schmetterlings ähnelte, immerhin hat. Und das ist es vor allem, was von der Kreisstadt verlangt werden muß : sie muß für alle Kreisbewohner gleich leicht zugänglich sein, so weit dies natürlich bei den vorgegebenen Entfernungen möglich ist. Und wenn wir daran denken, dann müssen wir es bedauern, daß von der Regierung 1871 nicht alles getan ist, um den Eisenbahnknotenpunkt, der damals nach Falkenberg gekommen ist, nach Herzberg verlegen zu lassen. Aber warum hat man dann, wenn man schon von vornherein Herzberg als Kreisstadt in Aussicht nahm und, wie die Verhältnisse einmal lagen, nehmen mußte, nicht dem Kreise den Namen : Herzberger Kreis gegeben ? Hier zeigte sich die Macht der geschichtlichen Überlieferung. Die neue Landesverwaltung durfte diese nicht unberücksichtigt lassen. Die Mehrzahl der Bewohner des neuen Kreises , auch die Bewohner der Stadt Herzberg, ebenso die der Stadt Jessen und Schönewalde (nur die der Stadt Schlieben nicht) gehörten bisher dem Amte Schweinitz an. Für sie alle war es also leicht, sich als Bewohner des Kreises Schweinitz nun zu fühlen. Und die Bewohner der beiden kleineren Kreise mußten sich sagen, daß, wenn denn schon ein Name für den Kreis zu wählen sei, es selbstverständlich sei, daß der des größten Kreises genommen werde. So wurde durch die Wahl des Namens keine Empfindlichkeit hervorgerufenund andererseits einer Eifersüchtelei, die etwa zwischen den Städten des Kreises entstehen könnte, von vornherein die Spitze abgebrochen.Uns aber soll der Name unseres Kreises als eine Erinnerung an die Vorgeschichte unserer Gegend vor Einführung der preußischen Verwaltung teuer sein.
Quelle: K. Pallas (um 1930, gekürzt)
Wie Schweinitz schwere Schicksalsschläge meisterte
Wie aus den Aufzeichnungen der Zeitfolge zu entnehmen ist, wird Schweinitz erstmals in einer Urkunde von 1182 genannt. Die dort auffindbare Bezeichnung als "Schwienze" hat alsdann im Laufe der folgenden Jahrhunderte vielmals gewechselt. So hat sich der Name der Stadt sowohl in der Bezeichnung als auch in der Schreibweise von "Schwienze" über "Swinze", "Swinitz", "Swyniz", "Sweynitz", entwickelt, bis die postalische Bezeichnung "Schweinitz/Elster, Kreis Schweinitz", später kurze Zeit Kreis Herzberg, dann "Schweinitz/Elster, Kreis Jessen, Bezirk Cottbus" und heute mit "Schweinitz, Stadt Jessen, Landkreis Wittenberg in Sachsen - Anhalt" bekannt ist. Es rührt diese ursprüngliche Bezeichnung wohl ohne Zweifel von einem Jagdhause her, das die Askanischen Kurfürsten erbaut und "Schweinehatz" - Wildschweinhetze - nannten. Alle Anzeichen in den Überlieferungen sprechen jedoch dafür, daß der Ort bedeutend älter sein muß und wohl in einer zentral errichteten Anzahl von Fischerhütten seinen Ursprung hat. Der vielmalige Wechsel im Besitz läßt die Überlieferungen etwas unklar erscheinen. Im Jahre 1362 überließ Herzog Dietrich dem Kurfürsten Rudolf II. die Feste Schweinitz und Wiesenburg gegen Schloß Gattersleben. Urkundlich wird Schweinitz im Jahre 1373 als Stadt genannt. Das befestigte Schloß ist zerfallen und später gänzlich verschwunden. Im Jahre 1339 hat neben dem befestigten Schlosse bereits eine Kirche gestanden. Im Schlosse hielt sich der Sächsische Kurfürst oft auf und huldigte in der waldreichen Umgebung der Jagd. Hier verlor auch Kurfürst Rudolf II. im Jahre 1406 seine beiden Söhne Wenzel und Sigismund, die mit dem Hofmeister und 6 Edelknaben vom einstürzenden Schloßturm erschlagen wurden. Im Jahre 1471 ließ Kurfürst Ernst das Schloß wieder herstellen. In ihm starb 1552 Kurfürst Johann der Beständige. Im Jahre 1486 wurde es Jagdschloß. Hier soll auch im Jahre 1517 Kurfürst Friedrich der Weise den bekannten Traum gehabt haben. In diesem sah er einen schreibenden Mönch, dessen Feder sich ständig verlängerte und schließlich bis nach Rom reichte. Der aus Dänemark vertriebene König Christian II. hielt sich 1523 in dem Jagdschloß auf. Vor ihm predigte Luther am 6. Oktober 1523. Beide sollen sich sehr ähnlich gesehen haben. Auch als der Kurfürst Friedrich der Weise starb, war Luther anwesend und begleitete ihn zur letzten Ruhe. 1576 verfiel das Jagdschloß dem Abbruch, und an seiner Stelle entstand im Jahre 1600 ein neues Amtshaus.
Schwere Schicksalsschläge hatten Schweinitz und seine Bewohner im Wandel der Zeiten zu ertragen. Kriege, Pestilenz und Feuersbrünste schwerster Art brachten die fleißigen Bewohner oftmals bis an den Rand der Verzweiflung. Im Jahre 1505 legte der Harnischmacher Blasius Feuer an, das den ganzen Ort verheerte. Als Entschädigung für den materiellen Verlust schenkte Kurfürst Friedrich der Weise den verzweifelten und ohne jede Habe dastehenden Bewohnern von Schweinitz im Jahre 1515 das Vorwerk Neuenhof. Große Opfer forderte die im Jahre 1612 unbeschreiblich wütende Pest. Im Jahre 1637 ging die Stadt wiederum in Flammen auf. Panners Reiter steckten sie am 16. April in Brand. Diese Feuersbrunst verrichtete ganze Arbeit. Nicht ein Haus blieb stehen. Die Einwohner wurden zum großen Teil erschlagen oder suchten vor Verzweiflung den Tod in den Fluten der Elster. 1638 gesellten sich Krankheit und Hungersnot hinzu, so daß die ganze Gegend fast einer Wüste glich. Die Verwaltung des Justizamtes erfolgte von einem Stall in Grabo aus. In harter Arbeit und unverdrossen wurde die Stadt Teil für Teil wieder aufgebaut. Im Jahre 1665 schlug jedoch schon wieder ein Flammenmeer harte Wunden für die verzweifelten Einwohner. Gemeinschaftssinn, reger Fleiß und unermüdliche Ausdauer halfen jedoch der Bevölkerung immer wieder über die geschlagenen und oft kaum vernarbten Wunden hinweg. So konnten 1668 das Amtshaus, 1714 der Kirchturm und endlich 1803 das Rathaus aufgebaut und seiner Zweckbestimmung zugeführt werden. Inzwischen vernichtete im Jahre 1762 ein neues Feuer 32 Häuser.
Jenseits der Elster auf einem Hügel, der heute noch "Kapelle" genannt wird, stand bis 1502 eine Marienkapelle. Diese war ein Bestandteil des Augustinerklosters, das 1182 gestiftet worden war. Hier wurde Ablaß erteilt. Im Orte selbst standen die Kirche und eine Begräbniskirche. Zu der sehr alten Kirche wurde 1385 der Grund gelegt, während die kleine Begräbniskirche erst im Jahre 1779 erbaut wurde. Der Pastor war zugleich Lehn- und Gerichtsherr über Waltersdorf. Eingepfarrt wurden die Dörfer Mönchenhöfe, Dietmannsforte (Dixförda), Kleinkorga und Dörflein. Der Diakon hatte an der Schule zu lehren und den eingepfarrten Dörfern jährlich 27 Predigten zu halten.
Im Jahre 1827 hatte Schweinitz 110 Häuser mit 974 Einwohnern. Im Jahre 1343 standen 96, 1765 - 125 Häuser. 60 Handwerksmeister übten 1827 ihr Handwerk aus. In Feld- und Weinbau und in Viehzucht rangen die fleißigen Einwohner den sandigen Feldfluren und den mit saurem Futter bestandenen Wiesen spärliche Erträge ab. Hopfenbau und Fischerei standen in guter Blüte.
Wenn wir aus den kurzen Darlegungen der Geschehnisse ersehen, durch welche Naturkatastrophen unsere Altvorderen gegangen sind, so werden wir voller Ehrfurcht ihren Fleiß und unentwegten Tatendrang bewundern, der Ihnen immer von neuem Mut einflößte und den Wiederaufbau von neuem beginnen ließ. So waren die Schweinitzer Einwohner 169 Jahre lang ohne Rathaus, nachdem es im Jahre 1631 durch den schwedischen General Panner bis auf die Grundmauern eingeäschert worden war. Unter welchen Umständen und kaum glaublichen Schwierigkeiten die Mittel beschafft wurden, durch die der Wiederaufbau finanziert wurde, mag einer späteren Abhandlung vorbehalten bleiben. Wenn auch die züngelnden Flammen im Wandel der Zeiten das Rathaus mehrmals verschonten, so geschah es doch, das schon im Jahre 1847 das stattliche Rathaus mit seinem Turme und 24 andere Wohnhäuser nebst 44 Siedlungen und gefüllten Scheuern ein Raub der Flammen wurden.
Quelle: Ernst Erpel